Als Bestattungsmethode funktioniert die alkalische Hydrolyse wie folgt: Der zu bestattende Leichnam wird durch die Einwirkung einer starken Lauge hydrolysiert. Hydrolyse kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet Wasser + Auflösung/Beendigung. Für den Bestattungsbereich bedeutet dies, dass der Leichnam sich fast vollständig zersetzt.
Der menschliche Körper wird in einem Druckbehälter aus Edelstahl bei Temperaturen von 150 bis 160 °C in konzentrierter Kalilauge binnen weniger Stunden zersetzt. Der Behälter steht dabei unter Druck, um ein Sieden der Lauge zu verhindern. Die erhöhte Temperatur beschleunigt die Hydrolyseprozesse (Verseifung der Körperfett, Proteolyse). Abgesehen von eventuellen Metall- oder Keramikimplantaten (z. B. Hüft-Endoprothesen) bleiben dabei nur eine durchsichtige, braune Flüssigkeit sowie Knochenreste (Calziumphosphat) übrig. Die Flüssigkeit besteht im Wesentlichen aus Aminosäuren, kurzen Peptiden, Zuckern und Mineralien. Sie enthält keine DNA mehr, da diese durch konzentrierte alkalische Lösungen zersetzt wird. Die resultierende Flüssigkeit ist mikrobiologisch steril und kann im Normalfall bedenkenlos über den Abfluss entsorgt werden. Die festen Knochenbestandteile können nach Trocknen und Mahlen als reinweiße sterile Asche wie bei der Feuerbestattung an die Verwandten zurückgegeben werden.
Umweltaspekte
Es gibt bisher nur wenige wissenschaftliche Studien, die die Umweltaspekte dieser Bestattungsart genau untersucht haben. Eine niederländische Studie aus dem Jahr 2014, die im Auftrag der Bestattungsfirma Yarden in Almere erstellt wurde, und verschiedene Bestattungsarten (Erdbestattung, Kremation und Alkalische Hydrolyse) anhand von 18 ökologischen Kriterien beurteilte (Landschaftsverbrauch, CO2-Ausstoß, Energieverbrauch, Schadstoffbelastung …), kam zu dem Ergebnis, dass die Alkalische Hydrolyse bei diesem Vergleich die bei weitem umweltfreundlichste Methode darstellt. Die Umweltkosten wurden nach dieser Studie wie folgt quantifiziert: Erdbestattung 63,66 €, Kremierung 48,47 €, Alkalische Hydrolyse 2,50 € je menschlichem Körper. Diese Zahlenangaben waren jedoch im Wesentlichen auf Verhältnisse in den Niederlanden bezogen.
Die Lavation unterscheidet sich hauptsächlich darin, dass der Leichnam nicht im Druckbehälter unter Wasser fixiert ist, sondern dass er lediglich von feinem Sprühnebel benetzt wird. https://www.lavation.de/
In Deutschland steht die Firma Lutz sozusagen in den Startlöchern, allerdings fehlt noch die rechtliche Grundlage für die Lavation. Aktuell ist die alkalische Hydrolyse nur in Irland erlaubt, andere Länder wie Belgien, Schottland, Norwegen, Großbritannien stehen relativ kurz davor (Stand 5.24).
Immer mal wieder kommt es zu Situationen, in denen Hinterbliebene anläßlich einer bevorstehenden Bestattung vermeiden möchten, dass eine oder mehrere bestimmte Personen daran teilnehmen. Oder sie wollen, dass bestimmte Leute gar nicht erst erfahren sollen, wo der Bestattungsort ist.
Grundsätzlich besteht für nahe Verwandte von Verstorbenen gegenüber anderen Verwandten ein Anspruch auf Auskunft bezüglich Ort und Zeit einer Bestattung, und dieser ist im Eilfall sogar gerichtlich per einstweiliger Verfügung durchsetzbar.
Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wenn dies die verstorbene Person selbst nicht wollte. Dieses Recht hat unbedingt Vorrang und muss nicht schriftlich vorliegen. Es reicht, dass sich dieser Wille aus bestimmten Äußerungen oder einem bestimmten Verhalten speist.
Also: Es gibt den Anspruch auf Auskunft für nächste Angehörige, aber mit der Einschränkung, dass der Wille des Verstorbenen vorrangig zu beachten ist.
Wer ist nun auskunftsberechtigt? Der Bestatter jedenfalls nicht. Er ist seinem Auftraggeber verpflichtet. Es wäre keine Straftat, denn der Bestatter unterliegt nicht der gesetzlichen Schweigepflicht, aber – um eventuelle Schadenersatzansprüche zu vermeiden – sollten Auskünfte nur in Absprache mit dem Auftraggeber an Verwandte, sonstige Angehörige oder Dritte erfolgen.
Der Bestatter kann an die zuständige Friedhofsverwaltung bzw. ggf. an eine Glaubensgemeinschaft verweisen. Diese können die gewünschte Auskunft uneingeschränkt erteilen, denn sie sind dem Auftraggeber rechtlich nicht verpflichtet. Ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht liegt hier nicht vor. Was für eine Auskunftssperre sprechen könnte, wäre zum Beispiel schutzwürdige Belange (wie eine befürchtete Störung der Totenruhe) und eben vor allem das postmortale Persönlichkeitsrecht der verstorbenen Person: Hat sich diese zum Beispiel ausdrücklich eine absolut anonyme Bestattung gewünscht, so darf niemandem nähere Auskunft darüber erteilt werden.
Susanne Hinrichs macht Erinnerungsbücher – und wie ich finde – auf sehr schöne Art. Insofern ist es allerhöchste Zeit, ihre Arbeit an dieser Stelle zu empfehlen. Für all die, die ihr Leben erzählen und es aufschreiben lassen wollen. Es ist doch immer auch ein Stück Zeitgeschichte.
verwendet möglichst unbehandelte Rohstoffe aus der Region
hat einen kleinen CO2-Fußabdruck durch kurze Transportwege und
einen geringen Verbrauch fossiler Energien
belastet Boden und Grundwasser so wenig wie möglich
Falls also jemand eine sogenannte Naturbestattung als natürlichste Form der Bestattung favorisiert – zum Beispiel das Begräbnis der Urne an einem Baum oder das Verstreuen der Asche auf einer Wiese – der sollte im Blick haben, was dem durch die dafür nötige Verbrennung des Leichnams vorausgeht, nicht zuletzt auch durch die nötigen Überführungen. Was also tun?
Naturfreunde dürften hinsichtlich einer möglichen Grabwahl erfreut sein, denn aus umweltfreundlicher Sicht ist ein Erdbegräbnis mit einem Sarg, der gänzlich aus Naturmaterialien gebaut wurde, die erste Wahl. Auch wenn für den Sarg Holz benötigt wird und er hergestellt werden muss – bedenkt man aber, was alles bei einer Verbrennung gebraucht wird (ebenfalls ein Sarg, Krematorium, Aschekapsel etc.), und welche Schadstoffe dabei entweichen …
Letztlich muss jeder ökologisch Interessierte und potentielle Grabnutzer – egal, ob als Auftraggeber oder als Vorsorgender – selbst entscheiden, wie grün er sein möchte.
Wein steht für Genuss. Jahrtausende alte archäologische Fundstücke belegen, dass Wein in der Vergangenheit eine große Rolle gespielt hat. Bacchus und Dionysos waren nicht nur Götter der Lust und der Lebensfreude, sondern ebenfalls Götter des Weines. Wein prägte nicht nur das kulturelle Leben, sondern auch die Totenkultur, indem er als Grabbeigabe üblich war.
Unsere Bestattungskultur wandelt sich, und Weinliebhaber werden zwar nicht unbedingt mit einer Flasche begraben, können sich aber an eigens dafür gepflanzten Rebstöcken bestatten lassen. Voraussetzung dafür ist wie bei allen naturnahen Bestattungen eine Verbrennung des Verstorbenen und eine biologisch abbaubare Urne.
Von der Asche bis zur Flasche?
Nein, natürlich nicht! Generell werden Weine von den Friedweinstöcken aus Pietät nicht gekeltert. Entweder handelt es sich bei den Friedweinstöcken um Reben, die keine Trauben tragen oder der Fruchtansatz wird im Sommer entfernt.
Friedweinberge in Deutschland
Ahrweiler in Rheinland-Pfalz Auf dem Bergfriedhof im Rotweingebiet des Ahrtals wurden Blauer Muskateller-Reben gepflanzt, die als besonders resistent gegen Pilze und Krankheiten gelten. Ernten muss man nichts, denn diese Weinstöcke tragen keine Früchte. Es gibt 72 Rebstöcke, die Platz für 320 Urnengräber bieten. Der Preis für eine einzelne Weinberggrabstätte beträgt 965 Euro für eine Ruhefrist von 15 Jahren. Eine Weinberg-Familiengrabstätte ist ebenfalls erhältlich und kostet 5.422 Euro mit einem Nutzungsrecht für 30 Jahre.
St. Martin in Rheinland-Pfalz In dem Ort an der Pfälzer Weinstraße wird das Friedhofsgelände 50 Rebstöcke mit Platz für jeweils sechs verrottbare Urnen bieten – bis zum Sommer soll der Friedweinberg fertig sein.
Nordheim in Unterfranken Mit 186 Weinstöcken ist dies der größte Friedweinberg. Rote und weiße Rebstöcke bieten Platz für je acht Urnen. Die Gebühren betragen etwa 50 Euro jährlich. Auch hier wird etwa drei bis vier Mal im Jahr das Gras zwischen den Reben gemäht. Blumen und Kerzen werden zwei Wochen nach der Beisetzung geduldet.
Kernen im Remstal in Baden-Württemberg – vielleicht?! Hier wird gerade darüber nachgedacht, einen Friedweinberg zu schaffen. Wer also diese Gegend bevorzugt, sollte die Angelegenheit verfolgen.
Die meisten Kunden wissen gar nicht, dass es seit mehreren Jahrzehnten auch sogenannte Papp-Särge gibt. Wenn die Bestattung besprochen wird, sollte auch über diese Sarg-Art für den letzten Weg informiert werden, da sich einige Menschen für diese Option interessieren.
Den Papp-Sarg haben die Schweizer entwickelt* und das in einem Stück gefertigte und faltbare Modell Peace Box genannt.
Inzwischen gibt es vielerlei andere Modelle, und auch dem Bedrucken sind keine Grenzen gesetzt: egal, ob der Verstorbene Liebhaber von Pralinen, Kreuzworträtseln oder Flugzeugen war – alles ist möglich. Hier eine wirklich ganz kleine Auswahl …
Einerseits werden die Papp-Särge als ökologische Innovation gepriesen, andererseits als pietätlos verfemt – und wie fast immer gibt es Vor- und Nachteile. Wir tragen hier mal Pro und Contra zum Thema Papp-Sarg zusammen.
Pro: Särge aus Pappe
gelten als umweltfreundliche Alternative zu Särgen aus Holz: bei der Verbrennung entweicht nur noch ein Viertel schädliches Kohlendioxid
werden aus Zellulose und/oder recyceltem Altpapier hergestellt
können platzsparend gelagert werden, denn sie lassen sich wie Umzugskartons zusammenfalten
sollen nach einem Erdbegräbnis für eine schnellere Stabilisierung des Grabes sorgen, so dass eine Bepflanzung u.a. eher möglich ist
sind leichter beim Transportieren
können prima bedruckt werden, was für jemanden, der nicht gern einen Sarg bemalt oder sonstwie gestaltet, eine gute Option sein kann, um dem Sarg dennoch einen persönlichen Bezug zu geben
Contra: Särge aus Pappe
verbrennen viel schneller als ein Sarg aus Holz und erzeugen keine Temperatur, die bei der Verbrennung benötigt wird: im Brennofen muss also Energie zugeführt werden – im Grunde wird die eine Ressource (Holz) auf Kosten der anderen geschont (Energie)
werden nicht von allen Krematorien angenommen, da die Brennöfen für diese Art der Verbrennung nachgerüstet werden müssen
sind – obwohl oft anders behauptet – teurer als ein schlichter Kiefern-Sarg
halten nicht genügend Feuchtigkeit aus, wenn sie für die Erdbestattung genutzt werden – während die Pappe schnell aufweicht, verlangsamt sich der Zersetzungsprozess. Friedhöfe würden bei einer Zunahme von Beisetzungen in Papp-Särgen eine verlängerte Ruhezeit anordnen müssen, was in der Folge höhere Kosten für die Hinterbliebenen bedeuten würde.
zersetzen sich schneller als Holzsärge, so dass bei Erdbegräbnissen das Erdreich der aufgeweichten Pappe hinterherrutscht und eine Grabbefestigung nicht standhält
werden als pietätlos empfunden und als „Bestattung im Pappkarton“ bezeichnet
Aus diversen Gründen sind diese Särge also in Deutschland nur für die Einäscherung zugelassen. Und auch dies nur, wenn die Krematorien dementsprechende Öfen haben – ansonsten, so haben viele geklagt – machen die Papp-Särge die Öfen kaputt. Zum jetzigen Zeitpunkt (Stand 5.23) gibt es nur noch wenige Krematorien deutschlandweit, die Einäscherungen in so einem Pappsarg genehmigen. Inzwischen (Stand 5.24) werden keine Papp-Särge mehr von den Krematorien genutzt.
Es gibt allerdings auch inzwischen aufgemotzte Versionen, die nicht mehr an eine Kiste erinnern, sondern aussehen wie ein normaler Sarg, nur dass es eine bedruckte Imitation aus starker Kartonage ist.
Und es gibt auch ein halbe-halbe-Modell: das Unterteil aus Holz, das Oberteil aus Pappe. Bei uns bekommt man einen schlichten Kiefernsarg, und der kann dann geschmückt so aussehen:
*Ein aufmerksamer Leser kommentierte neulich diesen Beitrag so: „Schon vor knapp 30 Jahren habe ich in einer Zeitung in Hong Kong einen Artikel über gefaltete Särge aus Wellkarton gelesen. Die Idee dahinter war damals der Einsatz bei Katastrophen: Schneller Transport großer Mengen in flachem, ungefaltetem Zustand, geringe Lagerungs- und Herstellungskosten.“ Und so unterstelle ich mal: Die Asiaten waren uns eine Nasenlänge voraus, und von den Europäern waren die Schweizer halt die Pfiffigsten in dieser Angelegenheit (vielleicht ahnungslos, wer weiß das schon).
Jedenfalls werden Stand heute (5.24) die sogenannten Pappsärge in Deutschland weder hergestellt, noch benutzt.
Das eben ist die große Selbsttäuschung, der wir uns hingeben, dass wir den Tod in die Zukunft verlegen: Zum großen Teil liegt er schon hinter uns, alles vergangene Leben liegt im Banne des Todes.
Lucius Annaeus Seneca
Was Seneca aus philosophischer Sicht ganz richtig bemerkte, hätte damals biologisch noch nicht bewiesen werden können. In der Tat sterben wir schon nach nur zwei Jahrzehnten langsam vor uns hin, denn die abbauenden Funktionen werden immer stärker und schneller, und die aufbauenden Funktionen werden immer langsamer.
Die Beunruhigung
Viele Menschen stellen sich vor, dass ein Leichnam, der in der Erde begraben wurde, nach und nach von Würmern aufgefressen wird. Zugegebenermaßen keine schöne Vorstellung.
Bei Verwesung schießen uns Bilder in den Kopf, die wir aus Filmen oder anderen Medien kennen – aber mit Maden übersäte Leichname existieren im Kriminalfall oder wenn sie lange nach Eintritt des Todes gefunden werden. All dies trifft nicht auf die Situation eines „normal“ Verstorbenen zu, der im Sarg begraben wurde. Aber der Reihe nach.
Was passiert nach dem Tod?
Nach dem Tod setzen zunächst die Stoffwechselfunktionen aus, was zur Austrocknung führt. Dadurch verhärten sich die Muskeln, und die Leichenstarre setzt ein. Sie löst sich nach ein bis zwei Tagen durch die Autolyse: Die Selbstauflösung von abgestorbenen Körperzellen sorgt dafür, dass die Muskeln wieder erschlaffen. Nun ist auch das Ankleiden des Verstorbenen möglich.
Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze, die bei Lebzeiten im Darm für Ordnung gesorgt haben, wenden sich der neuen Aufgabe zu: Wenn es vorher um das Zersetzen des Essens ging, so wird nun der Körper von innen vernichtet – was die Fäulnis insgesamt begünstigt. Wie der Kölner Kollege Christoph Kuckelkorn einmal in einem Zeitungs-Interview sagte: „Wie cool ist das denn? Wir tragen alles für eine vernünftige Bestattung in uns.“
Und was ist nun mit den Würmern?
Bei einer Erdbestattung wird der Sarg etwa zwei Meter tief in die Erde gelassen, und in diesem Bereich leben keine Würmer. Ein Holz-Sarg ist recht kompakt und sauerstoffarm, und zudem ist es in der Erde kühl. Daher dauert die Zersetzung der Weichteile etwa ein bis zwei Jahre; Nägel, Haare, Knochen benötigen naturgemäß mehr Zeit. Dies alles ist immer auch abhängig von den individuellen Gegebenheiten, zum Beispiel von Medikamenten, die der Verstorbene nahm.
Ein wesentlicher Faktor ist auch der Boden, in den der Sarg eingebettet wird. Die Ruhezeit auf einem Friedhof ist also nicht umsonst im Schnitt auf 20 Jahre festgesetzt. Und sobald noch jemand ins Grab hinzukommt, verlängert sich die Zeit wiederum.
Kurz und knapp war der Ausflug ins Verwesungskapitel, und doch hoffentlich hilfreich bei der Aufklärung, dass ein Leichnam eben nicht von Würmern aufgefressen wird, so dass die Furchtsamen unter uns nun besänftigt sind in dieser Hinsicht.
Wer mehr dazu wissen will, den interessiert sicher der Artikel im „stern“ (Nr. 13/2021) über den Rechtsmediziner Claas Buschmann und seine Arbeit.
Die Lese-Splitter sind für alle gedacht, die einen Vorgeschmack auf ein Buch, einen Autor finden und sich inspirieren lassen möchten – von Splittern eines Mosaiks aus Buchstaben.
Zsuzsa Bánk: Sterben im Sommer S. Fischer Verlag, 2020
Unser ganzes Leben verwenden wir darauf, den Tod auszusperren und fernzuhalten. Jeden Morgen schauen wir in den Spiegel, ohne den Tod mitzudenken, jeden Abend legen wir uns mit der Sicherheit ins Bett, am Morgen zu erwachen. Wir kreisen ums Leben, immerzu denken wir ans Leben, das sich Tag für Tag fortsetzt, ohne dass wir etwas zu unternehmen brauchen, ohne dass wir etwas veranlassen müssen. Und dann, eines Tages, sollen wir den Tod plötzlich anerkennen? Wir sollen zugeben, ja, er ist vorhanden?
Davor war es anders gewesen, der Tod war entfernt, kaum vorhanden, meine Gänge zum Friedhof, zu einer Trauerfeier waren rar; bei den Freunden, die jung starben, waren es unbegreifliche Ausflüge, von denen ich bald zurückkehrte und die mich nie hinderten, mein Leben wieder aufzunehmen. Aber dieses letzte Jahr hat es verändert, der Tod ist an mich herangerückt. Ich habe viel an meinen eigenen Tod denken müssen, er ist zu einer Möglichkeit geworden, zu einer Tatsache. Mein Tod ist vorstellbar, ich muss mit ihm rechnen, also rechne ich mit ihm. Ich habe angefangen, darüber nachzudenken, wie ich meinen Nachlass regle, was ich in meine Ordner hefte, damit meine Familie nicht lange wird suchen müssen. Wie meine Kinder danach weiterleben werden.
Marlen Haushofer: Alles wird vergebens sein Aufgeschrieben 1970, kurz vor ihrem Tod. (aus: marlenhaushofer.ch/biografie/abschied/)
Mach dir keine Sorgen. Du hast zuviel und zuwenig gesehen, wie alle Menschen vor dir. Du hast zuviel geweint, vielleicht auch zuwenig, wie alle Menschen vor dir. Vielleicht hast du zuviel geliebt, und gehaßt – aber nur wenige Jahre – zwanzig oder so. Was sind schon zwanzig Jahre? Dann war ein Teil von dir tot, genau wie bei allen Menschen, die nicht mehr lieben oder hassen können.
Du hast viele Schmerzen ertragen, ungern wie alle Menschen vor dir. Dein Körper war dir sehr bald lästig. Du hast ihn nie geliebt. Das war schlecht für dich – oder auch gut, denn an einem ungeliebten Körper hängt die Seele nicht sehr. Und was ist die Seele? Wahrscheinlich hast du nie eine gehabt, nur Verstand, und der war nicht gedenkend der Gefühle. Oder war da manchmal noch etwas anderes? Für Augenblicke? Beim Anblick von Glockenblumen oder Katzenaugen und des Kummers um einen Menschen, oder gewisser Steine, Bäume und Statuen; der Schwalben über der großen Stadt Rom.
Mach dir keine Sorgen.
Auch wenn du mir einer Seele behaftet wärest, sie wünscht nichts als tiefen, traumlosen Schlaf. Der ungeliebte Körper wird nicht mehr schmerzen. Blut, Fleisch, Knochen und Haut, alles wird ein Häufchen Asche sein, und auch das Gehirn wird endlich aufhören zu denken. Dafür sei Gott bedankt, den es nicht gibt. Mach dir keineSorgen – alles wird vergebens gewesen sein – wie bei allen Menschen vor dir. Eine völlig normale Geschichte.
1963, schon schwerkrank, schrieb Haushofer den Roman „Die Wand“. Thema: Wie kommt ein Mensch in völliger Isolation zurecht: Wie überlebt er, und was macht das Alleinsein mit ihm? Verfilmt wurde „Die Wand“ 2012, lange nach Haushofers Tod; ein extrem gutes Kammerspiel mit Martina Gedeck.
Karl Ove Knausgård: Lieben btb, 12. Auflage 2013
Welchen Wert hatte das Menschliche in diesem Universum? Was war der Mensch auf Erden anderes als Getier unter anderem Getier, ein Leben unter anderen Leben, die sich ebensogut manifestieren konnten als Algen in einem See oder Pilze auf einem Waldboden, Rogen in einem Fischbauch, Mäuse in einem Nest oder einer Traube Muscheln auf einer Schäre? Warum sollten wir das eine tun, aber nicht das andere, wenn es ohnehin kein anderes Ziel oder keine andere Richtung im Leben gab, als dass wir uns zusammenballten, lebten und schließlich starben? Wer fragte nach dem Wert dieses Lebens, wenn es für immer fort war, verwandelt in eine Handvoll feuchter Erde und ein paar verblichene, spröde Knochen?
… denn Sinn ist nichts, was wir bekommen, sondern etwas, das wir geben. Der Tod macht das Leben sinnlos, weil alles, wonach wir jemals gestrebt haben, mit ihm aufhört, und er macht das Leben sinnvoll, weil seine Gegenwart das wenige, was wir davon haben, unverzichtbar, jeden Augenblick kostbar macht. Aber in meiner Zeit war der Tod entfernt worden, er existierte nur noch als fester Bestandteil in Zeitungen, Fernsehnachrichten und Filmen, wo er nicht den Abschluss eines Verlaufs markierte, die Diskontinuität, sondern angesichts der täglichen Wiederholung im Gegenteil eine Verlängerung des Verlaufs, eine Kontinuität bedeutete, und so seltsamerweise zu unserer Sicherheit und unserem Halt geworden war.
Andrzej Stasiuk: Kurzes Buch über das Sterben Auszug aus „Die Hündin“ suhrkamp taschenbuch 4421 Suhrkamp Verlag Berlin, 2013
… Ich schreibe das alles, weil ich zum ersten Mal den langsamen, sich hinziehenden Tod eines Wesens betrachte, mit dem wir über Jahre hin fast jeden Augenblick des Lebens geteilt haben. Ich spreche mit Leuten darüber, die sagen, es sei am vernünftigsten, die Hündin einzuschläfern. (Das ist übrigens ein interessanter Euphemismus. Niemand sagt „töten“. Alle reden vom „Einschläfern“, das heißt, von etwas Sanftem und gleichsam Vorübergehendem.)
… Doch aus irgendeinem Grund werde ich den Gedanken an die Menschen nicht los, die an all den sorgsam verborgenen Orten liegen, die dem Sterben dienen. Diese Menschen sind nutzlos. Sie verschlingen Energie, Geld, Arbeit und erregen Ungeduld oder Gleichgültigkeit. Ich weiß, wie es abläuft, ich habe es viele Male gesehen: Drei, vier Leute vom Pflegepersonal, mit Latexhandschuhen, kommen ins Zimmer. Zwei heben den fast schwerelosen Körper empor, die anderen nehmen rasch die Windel ab, waschen, legen eine neue an. Nach drei Minuten ist keine Spur mehr davon zu sehen, dass irgendetwas geschehen ist. Nur ein seltsamer menschlich-unnatürlicher Geruch hängt noch in der Luft. Vielleicht ist es einfach der Geruch des Menschen, der uns mit Entsetzen erfüllt, der uns abstößt und verfolgt, deshalb sperren wir ihn an diesen fernen und unsichtbaren Orten ein. Wir bezahlen die Leute mit den Latexhandschuhen dafür, dass sie diesen Geruch für uns einatmen. Wir bezahlen sie dafür, dass sie das Sterben begleiten. Letzten Endes bezahlen wir sie dafür, dass sie in gewisser Weise für uns sterben. Denn wenn wir am Tod anderer Menschen, am Tod Angehöriger teilnehmen, sterben wir selbst ein bisschen, werden selbst ein bisschen sterblicher. Wir kaufen uns einfach eine weitere Dienstleistung, um selbst keine Zeit zu verlieren. Um diesen Geruch nicht einatmen zu müssen. …
Unnützes Leben können wir loswerden. Da wir gelernt haben, das Leben zu verlängern, gestehen wir uns auch das Recht zu, es zu verkürzen, denn seit einiger Zeit scheinen wir alles in der Hand zu haben. In früheren Epochen, vor dem Humanismus, war der Tod grausam, er kam oft zu früh, aber das Leben dauerte bis an sein Ende. Darüber entschied das Schicksal. Das Schicksal gehört allmählich der Vergangenheit an. Schicksal wird es bald nicht mehr geben. Vorläufig entfernen wir es aus unserem Alltag und verschieben es in Kranken- und Sterbehäuser. …
Ich schreibe und schaue auf die Veranda. Die Hündin hat gefressen und sich wieder zusammengerollt in ihrer Höhle aus Schlafsäcken und Decken. Unsere junge braune Katze geht ihr nach und legt sich daneben, in die Wärme des erkaltenden Körpers.
Eine Umbettung schließt zweierlei Handlungen ein: eine Exhumierung (Ausgrabung) des Leichnams oder der Urne sowie das erneute Begräbnis der Überreste von bestatteten Verstorbenen an einem anderen Beisetzungsort. Häufiger betrifft dies Urnen-Umbettungen, da sowohl Aschekapseln als auch Schmuckurnen sich meist länger erhalten als ein Sarg.
Entsprechende Anträge der Hinterbliebenen müssen von der zuständigen Friedhofsverwaltung und dem Gesundheitsamt genehmigt werden. Sind die Gründe für eine Umbettung privater Natur, müssen die Kosten dafür übernommen werden. Es gibt auch Umbettungen, die auf behördliche oder gerichtliche Anordnung stattfinden.
Was ist mit der Störung der Totenruhe?
Das private Bedürfnis nach Umbettung muss gut begründet sein, um den Schutz der Totenruhe zu überwiegen, weshalb Umbettungen nur in Ausnahmefällen möglich sind. Oft geht es um Totenfürsorge, wenn zum Beispiel die gesamte Familie inzwischen an einem anderen Ort lebt und das Grab bei sich in der Nähe haben möchte. Dies ist zwar verständlich, aber trotzdem wird einer Umbettung aus diesem Grund rechtlich nicht unbedingt stattgegeben: Die Störung der Totenruhe wiegt meist mehr als das Verlangen der Hinterbliebenen, und für die Pflege des Grabes kann ein Friedhofsdienst beauftragt werden.
Die Bestattungsverfügung nutzen!
Anders sieht es aus, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten schriftlich eine Umbettung verfügt hat oder sich einen anderen Grabplatz gewünscht hat, dem aber nicht entsprochen wurde – damit ist die Chance größer, dass dem Antrag entsprochen wird.
Die geltenden Regelungen für Umbettungen in Berlin finden sich im Berliner Bestattungsgesetz (§ 23) und im Berliner Friedhofsgesetz (§ 12-14) sowie in den Bestimmungen für die Durchführung in der Berliner Friedhofsordnung (§ 14).
Oft werden zwei Dokumente verwechselt: Sterbeurkunde und Totenschein, wobei die Sterbeurkunde vom zuständigen Standesamt ausgestellt wird und der Totenschein von dem Arzt, der den Tod festgestellt hat. Und im Gegensatz zur Sterbeurkunde wird der Totenschein nicht den Hinterbliebenen ausgehändigt, sondern durchwandert mehrere Instanzen, bis er beim Standesamt verbleibt.
Der Totenschein, offiziell „Leichenschauschein“ wird von dem Arzt ausgestellt, der nach Eintritt des Todes zum Zweck der Leichenschau gerufen wird. Es macht keinen Unterschied, ob der Tod zuhause, in einer Pflegeeinrichtung oder in einem Krankenhaus oder auf der Straße eingetreten ist – immer wird zunächst ein Arzt den Tod feststellen, den Verstorbenen untersuchen und prüfen, auf welche Weise der Tod eingetreten ist. Auch für Totgeburten (sogenannte Sternenkinder), die über 500 g wiegen, wird ein Totenschein ausgestellt.
Welche Informationen enthält der Totenschein?
Im nichtvertraulichen Teil des Totenscheins werden neben den persönlichen Daten des Verstorbenen Zeit, Ort und Todesart vermerkt, aber auch ein Warnhinweis, wenn Infektionsgefahr vorliegt. Die Todesart wird klassifiziert in „nicht natürlich“ und „natürlich“. Im vertraulichen Teil werden die Todesursache benannt sowie ausführliche Informationen zur Todesursache beschrieben und sichere Todesanzeichen notiert. Insgesamt besteht der Totenschein aus vier Blättern, die auf zwei Briefumschläge verteilt werden.
Wozu wird der Totenschein als offizielle Urkunde benötigt?
Zunächst erhält ihn der Bestatter, der diesen dem zuständigen Standesamt übermittelt, da ein Tod in kurzer Frist gemeldet werden muss. Hier kommt der nichtvertrauliche Teil ins Spiel, da er die Basis für das Standesamt ist, um in der Frage zu entscheiden, ob der Tod beurkundet werden und somit eine Sterbeurkunde erstellt werden kann. Sobald dies geschehen ist, gilt aus rechtlicher Sicht der Todesfall als abgeschlossen.
Wenn es sich um eine nicht natürliche Todesursache handelt, so bekommen die Rechtsmedizin und daraufhin die Staatsanwaltschaft den Totenschein übergeben. Letztere entscheidet, ob eine Obduktion stattfinden soll oder ob der Leichnam sofort wieder freigegeben werden kann für die Bestattung.
Welche Kosten entstehen und wer bezahlt sie?
Für zuhause Verstorbene gilt: Der Arzt rechnet seinen Dienst über die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ab. Wegegeld sowie Nachtzuschlag können ebenfalls geltend gemacht werden. Hingegen darf bei einem Hausbesuch eine sogenannte Besuchsgebühr nicht abgerechnet werden, da dies nur für Lebende gilt.
Seine Dienste stellt der Arzt in der Regel den Hinterbliebenen in Rechnung, manchmal geht die Rechnung auch an den Bestatter, der sie dann wiederum in seine Abrechnung einfließen lässt. Im Prinzip ist Letzteres besser, da die meisten Hinterbliebenen in dieser Situation kaum in der Lage sind, die Rechnung auf Richtigkeit zu prüfen.
Die Krankenkassen übernehmen nicht die Kosten für die Feststellung des Todes, da die Mitgliedschaft des Verstorbenen mit dem Tod endet. Dies ist ein Punkt, bei dem Änderung zum Wohle der Hinterbliebenen gefordert wird, aber es eben noch kein anderes Resultat gibt.