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Bestattung Lehrreich

Papp-Särge

Einerseits werden die Papp-Särge als ökologische Innovation gepriesen, andererseits als pietätlos verfemt – und wie fast immer gibt es Vor- und Nachteile …

Foto: www.earthtoheaven.co.uk

Die meisten Kunden wissen gar nicht, dass es seit mehr als 20 Jahren auch sogenannte Papp-Särge gibt. Wenn die Bestattung besprochen wird, sollte auch über diese Sarg-Art für den letzten Weg informiert werden, da sich einige Menschen für diese Option interessieren.

Den Papp-Sarg haben die Schweizer entwickelt* und das in einem Stück gefertigte und faltbare Modell Peace Box genannt.

Faltplan der „Peace Box“
Foto: postmortal.de

Inzwischen gibt es vielerlei andere Modelle, und auch dem Bedrucken sind keine Grenzen gesetzt: egal, ob der Verstorbene Liebhaber von Pralinen, Kreuzworträtseln oder Flugzeugen war – alles ist möglich.
Hier eine wirklich ganz kleine Auswahl …

Fotos: www.greenfieldcoffins.co.uk
Foto: www.greenfieldcoffins.co.uk
Fotos: www.comparethecoffin.com

Einerseits werden die Papp-Särge als ökologische Innovation gepriesen, andererseits als pietätlos verfemt – und wie fast immer gibt es Vor- und Nachteile. Wir tragen hier mal Pro und Contra zum Thema Papp-Sarg zusammen.

Pro:
Särge aus Pappe

  • gelten als umweltfreundliche Alternative zu Särgen aus Holz: bei der Verbrennung entweicht nur noch ein Viertel schädliches Kohlendioxid
  • werden aus Zellulose und/oder recyceltem Altpapier hergestellt
  • können platzsparend gelagert werden, denn sie lassen sich wie Umzugskartons zusammenfalten
  • sollen nach einem Erdbegräbnis für eine schnellere Stabilisierung des Grabes sorgen, so dass eine Bepflanzung u.a. eher möglich ist
  • sind leichter beim Transportieren
  • können prima bedruckt werden, was für jemanden, der nicht gern einen Sarg bemalt oder sonstwie gestaltet, eine gute Option sein kann, um dem Sarg dennoch einen persönlichen Bezug zu geben

Contra:
Särge aus Pappe

  • verbrennen viel schneller als ein Sarg aus Holz und erzeugen keine Temperatur, die bei der Verbrennung benötigt wird: im Brennofen muss also Energie zugeführt werden – im Grunde wird die eine Ressource (Holz) auf Kosten der anderen geschont (Energie)
  • werden nicht von allen Krematorien angenommen, da die Brennöfen für diese Art der Verbrennung nachgerüstet werden müssen
  • sind – obwohl oft anders behauptet – teurer als ein schlichter Kiefern-Sarg
  • halten nicht genügend Feuchtigkeit aus, wenn sie für die Erdbestattung genutzt werden – während die Pappe schnell aufweicht, verlangsamt sich der Zersetzungsprozess. Friedhöfe würden bei einer Zunahme von Beisetzungen in Papp-Särgen eine verlängerte Ruhezeit anordnen müssen, was in der Folge höhere Kosten für die Hinterbliebenen bedeuten würde.
  • zersetzen sich schneller als Holzsärge, so dass bei Erdbegräbnissen das Erdreich der aufgeweichten Pappe hinterherrutscht und eine Grabbefestigung nicht standhält
  • werden als pietätlos empfunden und als „Bestattung im Pappkarton“ bezeichnet

Aus diversen Gründen sind diese Särge also in Deutschland nur für die Einäscherung zugelassen. Und auch dies nur, wenn die Krematorien dementsprechende Öfen haben – ansonsten, so haben viele geklagt – machen die Papp-Särge die Öfen kaputt. Zum jetzigen Zeitpunkt (Stand 5.23) gibt es nur noch wenige Krematorien deutschlandweit, die Einäscherungen in so einem Pappsarg genehmigen.

Es gibt allerdings auch inzwischen eine aufgemotzte Versionen, die nicht mehr an eine Kiste erinnern, sondern aussehen wie ein normaler Sarg, nur dass es eine bedruckte Imitation aus starker Kartonage ist.

Bei dem Schweizer Anbieter „Billig Sarg kaufen“ gibt es auch ein halbe-halbe-Modell: das Unterteil aus Holz, das Oberteil aus Pappe (aktuell 240 Euro). Bei uns bekommt man einen schlichten Kiefernsarg, und der kann dann geschmückt so aussehen:

*Ein aufmerksamer Leser kommentierte neulich diesen Beitrag so:
„Schon vor knapp 30 Jahren habe ich in einer Zeitung in Hong Kong einen Artikel über gefaltete Särge aus Wellkarton gelesen. Die Idee dahinter war damals der Einsatz bei Katastrophen: Schneller Transport großer Mengen in flachem, ungefaltetem Zustand, geringe Lagerungs- und Herstellungskosten.“
Und so unterstelle ich mal: Die Asiaten waren uns eine Nasenlänge voraus, und von den Europäern waren die Schweizer halt die Pfiffigsten in dieser Angelegenheit (vielleicht ahnungslos, wer weiß das schon).